Give me Moor
Naturerlebnis Hochmoor
© TMBW, Foto: Gregor Lengler
BW-Story - CMR
Aktiv unterwegs im Wurzacher Ried
Im Südosten Baden-Württembergs gibt es einzigartige Moore zu entdecken. Wir waren im Wurzacher Ried unterwegs und erklären, was diese Landschaften so wertvoll macht.
Schuhe aus und einfach machen: Im Wurzacher Ried in Oberschwaben-Allgäu gibt es mitten in der Landschaft ein rustikales Moortretbecken. Wer sich hineintraut, der steht nicht in eiskaltem klaren Wasser wie sonst beim Kneippen. Der steckt bis über die Knöchel im Schlamm – Verzeihung: im Moor. Das auszuprobieren, erfordert kurz etwas Überwindung, aber es fühlt sich für die Füße vor allem an heißen Sommertagen angenehm kühl, weich und wohltuend an. Zum Abspülen geht’s anschließend in den Bach auf der anderen Seite des Waldwegs – ein sehr angenehmer Ausklang einer Wanderung durchs Wurzacher Ried. Weil das Moor hier so wertvoll ist, wurde es als europäisches Vogelschutz- und FFH-Gebiet („Natura 2000“) ausgezeichnet.
Wertvolle Naturräume
Moore sind wichtige CO2-Speicher
Moore wie das Wurzacher Ried in Bad Wurzach sind überaus wertvolle Naturräume, gerade jetzt, im Kampf gegen den Klimawandel. Denn sie sind nicht nur das Zuhause für viele seltenen Tiere und Pflanzen, sondern auch die effektivsten Kohlenstoffspeicher unter den Landlebensräumen der Erde. Das kannst du dir in etwa so vorstellen: Moorlandschaften speichern den Kohlenstoff der Pflanzen, deren Überreste dort dann in Form von Torf konserviert sind. Doch es steht leider nicht gut um die Moore auf der Welt – und in Deutschland. Hierzulande sind etwa 95 Prozent entwässert. Trocknende, zerstörte Moorlandschaften sind daher auch hierzulande für etwa 5 Prozent der emittierten Treibhausgase verantwortlich. Und in anderen Regionen der Welt sieht es noch deutlich schlimmer aus. Grund genug, Moore zu schätzen und sie zu renaturieren, wo immer sie trocken gelegt wurden. Und auf Torf in der Gartenerde lieber zu verzichten.
Wie schmelzende Gletscher Moore entstehen lassen
Bei uns im Süden gibt es immerhin noch über 45.000 Hektar Moore, das sind etwa 1,3 Prozent der Landesfläche. Vor allem nördlich des Bodensees, in Oberschwaben-Allgäu, hinterließen die schmelzenden Gletscher der Würmeiszeit vor rund 12.000 Jahren Senken, in denen sich Schmelzwasser sammelte – und nicht mehr abfließen konnte. Dort entstanden in der Folge flache Seen, die zu faszinierenden Mooren wie dem Wurzacher Ried, dem Federseemoor oder dem Pfrunger-Burgweiler Ried wurden. Denn durch den Sauerstoffmangel im unbewegten Wasser konnten sich abgestorbene Pflanzen nicht vollständig zersetzen und lagerten sich als Torf am Grund ab – ihr Kohlenstoff wird dort unten gespeichert.
Warum die Haidgauer Quellseen so klar sind
Die geführte Moorwanderung mit Siegfried Roth, dem Leiter des hiesigen Naturschutzzentrums, startet am kommenden Nachmittag. Er schwärmt über dieses intakte, vor allem vom Regenwasser gespeiste Hochmoor, über den einzigartigen Lebensraum für seltene Vögel wie den Kranich, der hier seit einigen Jahren wieder brütet. Und über die Haidgauer Quellseen, auf die man von einer kleinen Holzplattform aus schauen kann. Die sind ziemlich flach und unfassbar klar wegen ihres kalkhaltigen, mineralreichen Wassers. Und der Lieblingsort von Roth. Besonders am Wurzacher Ried ist, so der Experte weiter, dass es so viele verschiedene Moortypen hier gibt: Quellmoor, vom Regen abhängiges Hochmoor und von Flüssen geprägte Niedermoorbereiche. Welches wird dein Lieblingsmoor?
Seltene Vögel im Wurzacher Ried
Früher waren Moore für die Menschen nicht nur wegen der dann oftmals fast mystischen Stimmungen unheimlich – es waren auch schlicht lebensfeindliche, gefährliche Landstriche. Heute schätzen nicht nur Experten wie Siegfried Roth diese einzigartigen Landschaften. „Ich finde es faszinierend, dass es im Kern des Wurzacher Rieds Bereiche gibt, in die der Mensch nie eingegriffen hat, wo auch jetzt niemand hinkommt.“ Über diese Zone, die etwa ein Drittel des Rieds ausmacht, ziehen dann seltene Vögel wie Schwarzstörche, Wachtelkönige und Tüpfelsumpfhühner. Wasser speichernde Moose haben sich dort angesiedelt. Und der Sonnentau, der den Stickstoffmangel im Moor ausgleicht, indem er mit seinen klebrigen Blättern Insekten anlockt und sich dann von ihnen ernährt.
Idyllisches Moor
Das Moor lässt einen nicht mehr so richtig los, es ist faszinierend, auch im Sommer, auch ganz ohne Nebel: Abends am Riedsee in Bad Wurzach. Die Sonne steht schon tief, sie färbt die Wolken rosarot und schickt sie so eingefärbt als Spiegelbilder auf den stillen See. Einige Hufeisenazurjungfern – blaue Libellen – surren knapp über der Oberfläche entlang in Richtung Seerosenteppich, es ist ihr Revier. Zwei Haubentaucher paddeln vorbei. Vögel zwitschern. Das Schilf raschelt. Einfach mal still stehen auf dem Steg und nichts sagen. Hier bist du nur Zuschauer. Und das tut richtig gut.
Wandern, Baden oder Moortreten
Ausflugtstipps im Moor
Ein Bad im 40 Grad heißen Moor
Es sprudelt, es blubbert und gluckert, wenn eine der Wannen im Gesundheitsresort „feelMOOR“ in Bad Wurzach vollläuft. Auf 40 Grad wird die Mischung aus Naturmoor und Thermalwasser in den Moorheilbädern Bad Wurzach, Bad Buchau und Bad Waldsee erwärmt. Weil so ein medizinisches Bad etwas auf den Kreislauf gehen kann, brauchst du vorab eine ärztliche Bescheinigung, dass du moortauglich bist. Die warmen Torfsubstanzen versetzen den Körper in eine Art künstliches Fieber, sie wirken antibakteriell und sollen bei Rückenschmerzen, Bandscheibenvorfällen, Muskel- und Gelenkerkrankungen Linderung verschaffen. Auf jeden Fall ist ein solches Bad so schweißtreibend wie erholsam. Und die Atmosphäre im „feelMOOR“ stimmt auch. Nach 20 Minuten zerfließt man gefühlt, der Körper ist auf Tiefenentspannung programmiert – am besten also verbringst du den restlichen Tag ruhig und relaxt und genießt das gute Gefühl, nichts mehr tun zu müssen. Den Spaziergang über die Bohlenwege zum Riedsee und den Besuch der Ausstellung „MOOR EXTREM“ im Naturschutzzentrum von Bad Wurzach verschiebst du also nach einem Moorbad besser noch ein bisschen.
Wackelwald: Warum bebt hier der Boden?
Der Boden unter dir federt beim Gehen und wackelt beim Springen? Mit dir ist alles in Ordnung, der Wackelwald in Bad Buchau ist ein ganz besonderes Moorphänomen. Er liegt in unmittelbarer Nähe des Kurparks am Ortsrand von Bad Buchau und ist offen zugänglich. Weil hier Bäume auf verlandetem Moorboden wachsen, ist der Untergrund elastischer als anderswo. Der Wackelwald-Pfad des NABU erklärt an acht Stationen das Federseemoor.
Der Federsee bei Sonnenaufgang
Die Stille im Moor genießen. Über abgestorbene Baumstümpfe staunen, die sich aufs Malerischste im Wasser spiegeln. Und dem Wollgras lauschen, das sich leise im Wind wiegt: Mit 33 Quadratkilometern ist das Federseemoor das größte Moor in Südwestdeutschland – und wegen seiner einzigartigen Bedeutung für die Vogelwelt trägt es gleich mehrere Prädikate: Es ist Teil des europaweiten Schutzgebietsnetzes "Natura 2000" (FFH- und Vogelschutzgebiet) und Europa-Vogelreservat. Erste Anlaufstelle beim Besuch ist das NABU-Naturschutzzentrum Federsee mit seiner Ausstellung „Natur am Federsee“. Dort starten auch geführte Ausflüge und vogelkundliche Wanderungen ins Moor, du kannst live-Bilder aus dem Inneren eines Nistkastens betrachten oder Federseefische im Aquarium beobachten. Auf eigene Faust erkundest du die ursprüngliche Natur hier auf dem Federseesteg, der am Federseeparkplatz startet und dich trockenen Fußes auf einer Strecke von 1,5 Kilometer hinaus in die Moorlandschaft führt – besonders unvergesslich ist das ganz früh morgens bei Sonnenaufgang.
Wandertipps fürs Moor
Über 200 Vogelarten leben auch im Pfrunger-Burgweiler Ried weiter östlich. Das Naturschutzzentrum steht in Wilhelmsdorf und bietet eine interaktive Zeitreise durch diese zweitgrößte Moorlandschaft im Südwesten. Gleichzeitig ist es ein idealer Ausgangspunkt für Wander- und Radtouren. Unser Tipp: Probiere doch einmal die Moorseenrunde. Sie ist nur 6,6 Kilometer lang und bietet viele schöne Wasserblicke. Oder genieße die Aussicht vom Bannwaldturm Pfrunger-Burgweiler Ried in Ostrach.
5 Dinge, die man im Moor nicht tun sollte:
● Die Wege verlassen: Das könnte gefährlich werden. Außerdem störst du die Tier- und Pflanzenwelt.
● Krach machen: Es leben dort Tiere, die darauf empfindlich reagieren.
● Müll hinterlassen: Eigentlich logisch.
● Pflanzen pflücken oder mitnehmen: Wir sind nur zu Gast im Moor.
● Abends ohne Mückenschutz unterwegs sein.
Übersicht
Mehr zum Moor
Noch mehr Lust zu stöbern?
Das könnte dich auch interessieren
Tipps und Geschichten aus dem Urlaubsland Baden-Württemberg