Zu Fuß durch den Schnee
Schneeschuh-Wanderung im Nordschwarzwald
© Andreas Weise
BW-Story - Anna | Weisse Stille
Mit Schneeschuhen auf der Aichelberg-Tour bei Bad Wildbad
Es ist Mitte Januar. Eine dicke Schneedecke hat sich über den Nordschwarzwald gelegt. Hier oben bei Aichelberg, auf 800 Metern,
scheint die Welt nun leiser zu sein – wie in Watte gepackt. Ideal für eine Schneeschuh-Wanderung, findet Schwarzwald-Guide Jürgen Rust.
Weiße Stille
Ich sitze im Schnee, habe die Augen geschlossen und lächele selig:
„Weiter, weiter“, feuere ich Felix und Jürgen an, die Runde um Runde um mich drehen. Bald ist der umliegende Schnee platt getreten und sie beenden ihre Prozession. „Ich liebe dieses Geräusch!“, seufze ich und stehe ziemlich ungelenk auf. Sich mit den Schneeschuhen auf den Boden fallen zu lassen ist leicht, wieder aufstehen hingegen gar nicht so einfach.
Jürgen schüttelt lachend den Kopf. In seinen zehn Jahren als Schwarzwald-Guide ist er noch nie im Kreis um einen Gast herum gestapft, aber er ist für jeden Spaß zu haben. Während unserer Wanderung hüpft er immer wieder flink voraus und rüttelt an den Ästen, sodass uns der Schnee auf die Köpfe fällt. „Der sechs Kilometer lange Aichelberg-Trail hier im Nordschwarzwald ist ein echter Geheimtipp“, verrät Jürgen, „hier sind, wenn überhaupt, nur Einheimische unterwegs.“ Auf unserer zweistündigen Tour begegnen wir keiner Menschenseele, an den Spuren im Schnee können wir jedoch sehen, wer außer uns noch durch den Wald hoppelt und springt.
Ich mache heute zum ersten Mal eine Schneeschuh-Wanderung.
Die Basics: Es handelt sich hier nicht um einen echten Schuh. Die „Schneeschuhe“ sind etwa 20 cm breite und 60 cm lange Gestelle aus Kunststoff, die man sich an die Wanderschuhe schnallt. Dank der sogenannten Frontzacken oder Krallen an der Unterseite des Gestells hat man sowohl bergauf als auch bergab einen festen Halt. Jetzt noch die Teleskop-Stöcke auf Hüfthöhe eingestellt und dann schaue ich Jürgen erwartungsvoll an. „Einfach normal gehen, nur breitbeiniger als sonst“, sagt er und geht los. Und tatsächlich, es ist ganz einfach.
Positives Extra: Durch den Einsatz der Stöcke fühlt sich der entspannte Spaziergang doppelt so sportlich an.
Weißer Watte-Wald
Auf den ersten hundert Metern hören wir nur das Knirschen des Schnees unter den Schuhen – keiner möchte die Stille stören. Die Welt ist weiß. Die Stämme der meterhohen Bäume sind von einer Eisschicht bedeckt. Ihre Äste biegen sich unter den schweren Schneehauben. Der Waldboden ist unter einer weichen, weißen Schicht begraben. Kleine Wellen im Schnee lassen uns die Büsche und Bäumchen darunter nur erahnen. Ich kann mich an dem weißen Wunder gar nicht sattsehen.
Als Stadtkind aus dem Norden ist Schnee für mich ein seltenes und meistens ein kurzes Vergnügen. Wären die Hände ohne Handschuhe nicht so kalt, würde ich an jeder Ecke stehen bleiben und ein Foto machen. Zum Beispiel von den wie mit Zuckerguss bestrichenen Fichten oder den langen, klaren Eiszapfen, die sich an den Holzstapeln am Wegesrand gebildet haben.
Vielleicht sind die kalten Hände aber auch mein Glück, denn so genieße ich dieses Naturschauspiel und das fast meditative, gleichmäßige Stapfen umso mehr.
Während einer kurzen Teepause macht uns Jürgen auf die Schilder aufmerksam, die in regelmäßigen Abständen an den Bäumen angebracht sind. Da er uns so zielstrebig durch den Wald geführt hat, sind sie mir zuvor gar nicht aufgefallen, jetzt sehe ich sie überall.
„Über 23.000 Kilometer Wanderwege sind im Schwarzwald angelegt,“ erzählt unser Guide. „Alle Markierungen haben einen Namen“, erklärt er, „dadurch weiß die Rettung sofort, wo sich der Hilfesuchende befindet.“ „Also könnte man auch unbesorgt ohne Guide wandern gehen, oder?“, fragt Felix. „Klar“, nickt Jürgen, „aber mit uns hat man mehr Spaß. Außerdem sieht man nur das, was man kennt, und wir kennen ziemlich viel.“
Die ordentliche Beschilderung habe noch einen weiteren Grund.
„Vor allem im Winter ist es wichtig, auf den Trails zu bleiben, damit wir die Winterruhe der Tiere nicht stören. Die finden im Schnee nämlich zu wenig Nahrung und müssen ihre Energiereserven gut einteilen.“
Trotz meiner dicken Winterkleidung und der Thermounterwäsche kann ich das gut nachvollziehen. War mir während des Laufens angenehm warm, schleicht sich jetzt während der Pause doch die Kälte in meine durchnässten Schuhe. Doch bevor wir weitergehen, habe ich noch eine Idee. Ich erzähle Felix und Jürgen davon und lasse mich kurz darauf in den Schnee fallen: „Und jetzt einfach um mich herum laufen, bitte!“
Übersicht
Mehr zur Tour
Tipp: Die Schwarzwald-Guides vom Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord bieten das ganze Jahr über Touren an. Von der Sonnenaufgangs-Schneeschuh-Tour im Winter bis zu Abenteuer-Touren im Sommer ist für jeden Geschmack und jede Kondition etwas dabei.
Noch mehr Lust zu stöbern?
Das könnte dich auch interessieren
Tipps und Geschichten aus dem Urlaubsland Baden-Württemberg