Durch den Kirschblütenhain
Schlossgarten Schwetzingen
© Ermano Wagner
BW Story - Hirsch & Greif
Bereit für den Frühling?
Wenn die Japanischen Zierkirschen am Schloss in Schwetzingen blühen, ist der Frühling endlich da. Das blühende Spektakel zieht jedes Jahr tausende Besucher an. Ein Blühbarometer hält die Wartenden auf dem Laufenden.
Die Stämme sind knorrig und teilweise mit Moos bewachsen. Aber das Blütenmeer im Schlossgarten Schwetzingen ist so üppig und so anmutig, dass man dort wie unter einem sehr rosaroten Himmel spazieren geht. Jedes Jahr kommen 10.000 bis 15.000 Menschen her, um dieses süddeutsche Hanami zu erleben. Wann genau das flüchtige Naturspektakel seinen Höhepunkt erreicht, hängt natürlich vom Wetter ab. Deshalb gibt’s auf der Website ein Blühbarometer, das über den Zustand der Knospen informiert.
Ein unberechenbares Naturschauspiel
„Man fühlt sich hier unter diesen Japanischen Zierkirschen manchmal schon wie in Watte gepackt, das ist ein ganz tolles Erlebnis“, findet auch Wolfgang Schröck-Schmidt, Kunsthistoriker und Mitarbeiter bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg. Dabei seien die Bäumen doch sehr eigenständig, um nicht zu sagen eigensinnig. Die genaue Blütezeit lässt sich nur schwer voraussagen. „Und wenn dann am Anfang der Blüte plötzlich ein starker Frost kommt“, meint Schröck-Schmidt weiter, „dann liegen halt alle Blüten am Boden.“ Leider auch schon vorgekommen. Ein sehr ephemeres Spektakel ist das in Schwetzingen – wie überall auf der Welt. Und wahrscheinlich begeistert und berührt es eben deshalb jedes Jahr im März oder April so viele Menschen.
Umzug des Mannheimer Hofs
Ursprünglich war dieser einmal jährlich rosarote Teil des Schlossgartens ein Potager – ein Nutzgarten, in dem heimisches Obst, Kräuter und Gemüse angebaut wurden. Das diente der Versorgung des kurfürstlichen Hofs Carl Theodors im 18. Jahrhundert. Wolfgang Schröck-Schmidt erzählt weiter: „Der halbe Mannheimer Hof verbrachte die Sommermonate hier in Schwetzingen, denn Carl Theodor von der Pfalz nutzte das Schloss gerne intensiv als Sommerresidenz. Er erweiterte deshalb auch den Schlossgarten.“, erzählt der Kunsthistoriker. „Das können schon so an die 1000 Leute gewesen sein, die hier mit Kutschen rüberkamen. In Schwetzingen war dann eine Menge los.“ Und der Nutzgarten wurde wichtig zur Versorgung des mobilen Hofes mit Frischem. Er liegt bei der so genannten Roten Moschee. Diese ließ Kurfürst Karl Theodor von seinem Hofarchitekten Nicolas de Pigage Ende des 18. Jahrhunderts erbauen. Sie hatte keinen religiösen Zweck. Aber sie galt als Symbol für die Weltläufigkeit des Kurfürsten. Und: Die Schwetzinger Moschee ist der erste und größte Bau dieser Art in einem deutschen Park.
Ein Kurfürst mit Liebe zur Kunst und zur Landwirtschaft
Wie ging es nun aber weiter mit dem Nutzgarten des Kurfürsten? Später, im 19. Jahrhundert, als das Schloss zu Baden gehörte, pflanzte man hier vor allem Obstbäume. Doch nach 1945 verödete der Garten. In den 1960er-Jahren schließlich entstand die Idee, auf dem 150 mal 210 Meter großen Areal Japanische Zierkirschen zu pflanzen. Mittlerweile stehen dort insgesamt ca. 50 Bäume. „Die Wege bilden ein Achsenkreuz“, erklärt Wolfgang Schröck-Schmidt, „und die Bäume wurden wie kleine Alleen an ihnen entlang gepflanzt.“ Carl Theodor, so glaubt der Kunsthistoriker, würde’s gefallen haben. Denn der Kurfürst errichtete um sich einen ganzen Musenhof. Er war der Kunst, der Philosophie (er traf Mozart, unterhielt sich mit Voltaire) und neuen landwirtschaftlichen Ideen zugeneigt. Ein relativer aufgeklärter, toleranter, vielseitig interessierter Herrscher soll er gewesen sein. Und ein Glücksfall für die Pfalz. Sie erlebte zu seiner Regierungszeit ihre ganz eigene Blütezeit.
Die Japanischen Kirschen – die ja auch Orientalische Kirschen heißen – passen optisch gut zur Moschee dahinter. Ihre arabisch aussehende Fassade schimmert im Frühling durchs Blütenmeer. Seit Ende der 90er-Jahre wurden in zweiter Reihe auch wieder alte Obstbaumsorten gepflanzt. Sie können die Geschichte des Schwetzinger Nutzgartens erzählen. So schließt sich der Kreis. An stillen Tagen kann man hier gut auf neue Gedanken kommen, über Kunst, Philosophie, Landwirtschaft oder auch nur über das eigene Leben sinnieren. Den heraufziehenden Frühling spüren. Die Natur genießen. Lustwandeln im schönen Sinne eben.
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