Genusswandern im Süden
Unterwegs auf dem Heidelbeerweg im Schwarzwald
© TMBW, Andreas Weise
BW Story - Hirsch und Greif
Genusswandern rund um das Heidelbeerdorf Enzklösterle
Touren, ein Fest und überraschende Genüsse: Rund um das Heidelbeerdorf Enzklösterle im Schwarzwald wachsen die kleinen Waldbeeren ganz wild. Wir unternehmen einen Familienausflug auf dem Heidelbeerweg.
Jetzt im Ernst? Die Zunge soll er rausstrecken? Das lässt sich der achtjährige Lars nicht zweimal sagen. Er stopft sich eine Handvoll der frisch gesammelten Wildheidelbeeren in den Mund, kaut betont langsam und schluckt. Dann lacht er – und streckt seinen Eltern die lila-blau gefärbte Zunge entgegen. Eben hat Revierförster Stefan Waidelich der Familie nämlich erzählt, warum die Heidelbeeren, die rund um das Schwarzwalddorf Enzklösterle im Wald wachsen, so gesund sind. Er bezeichnet sie sogar als regionales Superfood: Der blaue Farbstoff der Beeren gehört zur Gruppe der Anthocyane, was wiederum sekundäre Pflanzenstoffe sind. Die dunkle Färbung ist bei der wilden Heidelbeere viel intensiver als bei der größeren, kultivierten Variante und hat viele gute Inhaltsstoffe. Die können unter anderem das Immunsystem stärken und das Herz schützen. Bei dem Knirps ist das natürlich alles noch nicht so sehr relevant, aber die Farbe beeindruckt den Jungen schon. Und lecker findet er die Früchtchen ohnehin.
Erlebnis Heidelbeerweg
Sich mit dem Kamm in die Büsche schlagen
In den Wäldern rund um Enzklösterle wächst das wertvolle Obst seit Jahrhunderten reichlich – mittlerweile nennt sich der Ort selbstbewusst Heidelbeerdorf. Ein Heidelbeerfest wird jedes Jahr zur Ernte im Juli veranstaltet, und im Heidelbeer-Haus mitten im Ort gibt es Spezialitäten aus der Region und von weiter her, die beweisen, dass die Heidelbeere kulinarisch im 21. Jahrhundert angekommen ist: Senf, Chutney, Essig. Die Früchte geben nicht nur Marmeladen einen tollen Geschmack. Eigentlich logisch, dass in Enzklösterle aus der traditionellen Schwarzwälder Kirschtorte längst eine Schwarzwälder Heidelbeertorte geworden ist.
Heidelbeer-Ernte im Schwarzwald
Der besondere Klang der Heidelbeeren
Zum Sammeln hat Förster Stefan Waidelich eine traditionelle Reffe mitgebracht – eine kleine Kiste mit einer Art Kamm vorne dran. Wenn man mit diesem Erntegerät durch die Büsche fährt, dann kämmt man die Beeren quasi aus – sie fallen direkt in das dazugehörige Holzkästchen. Lars und seine Eltern probieren es aus und sind bald ganz in ihrem Element, während der kleine Bruder Nils lieber zuschaut und nascht. Funktioniert richtig gut und geht schneller, als jede Heidelbeere einzeln abzuzupfen. Die Ausbeute begutachtet die Familie dann auf dem Schöllkopfplateau auf 800 Metern Höhe. Dort gibt es eine Aussichtsplattform mit Tischen und bequemen Holzliegen. Lars hilft Förster Stefan Waidelich, mit den in den Reffen gesammelten Beeren die Sammelkörbe zu füllen.
Seit etwa zehn Jahren gibt es den Premiumwanderweg (siehe Kasten), der sternförmig rund um den kleinen Schwarzwaldort führt. Er macht nicht nur die Heidelbeere zum Erlebnis – er bietet auch sonst eine Menge Abwechslung. Mal findet der schmale Pfad seinen Weg durch lichten Wald mit Kiefern, Fichten und vielen Felsen, dann geht’s durch einen geheimnisvoll wirkenden alten Buchenwald. An einem Rotwildgehege kommt die kleine Heidelbeersammelgruppe vorbei und an bereitgestellten Erfrischungen auch – jetzt im Hochsommer ist das eine Wohltat.
Superfood aus dem Schwarzwald
Die Heidelbeere liebt magere Böden und viel Sonne
So wie jetzt, unweit des Wildgeheges, von dem aus es nicht mehr weit bis Enzklösterle ist: Lars und Nils veranstalten ein Planschfest und probieren, wie weit der Wasserstrahl des Brunnens spritzt, wenn man ihn mit den Händen zu stoppen versucht. Die Erwachsenen löschen ihren Durst währenddessen mit kühlen Getränken, die im Brunnen lagern – und die man über ein Kässchen des Vertrauens bezahlt. Förster Stefan Waidelich berichtet während der kleinen Wanderpause, wie er als Kind mit fünf Geschwistern jeden Sommer in die Heidelbeeren geschickt wurde – die Waldfrüchte waren eine wichtige Vitamin- und in früheren Jahrzehnten auch Einnahmequelle für die einheimischen Familien. Fürs Selberessen gab es in den Familien jeweils feste Traditionen. Bei Förster Waidelich zu Hause werden bis heute aus den ersten Beeren Heidelbeer-Pfannkuchen gebacken, als Nächstes macht die Familie Kuchen, schließlich gibt’s Eis. Sogar winterfest werden die Waldbeeren gemacht, indem man sie einweckt, zu Marmelade verkocht oder edlen Heidelbeerschnaps brennt.
Die Familie hat ihre Körbe mittlerweile mit Beeren gefüllt. Nun geht’s als Abschluss noch zum Heidelbeer-Haus unten im Ort. In erster Linie ist das ein Laden, in dem es viele feine Heidelbeer-Spezialitäten gibt. Aber zum Heidelbeerfest – oder für die Tour heute – macht Inhaberin Angelika Schmahl schon einmal eine Ausnahme: Zu Brot mit selbst gemachtem Kräuterquark und Lachsaufstrich serviert sie mit ihren Helferinnen eine alkoholfreie Bowle, in der natürlich ein paar der lila Früchte schwimmen.
Zahlen und Fakten
Heidelbeerweg
Eine abwechslungsreiche Rundtour:
Der 12,7 Kilometer lange Premiumwanderweg führt oft auf schmalen Pfaden durch den Heidelbeerwald bei Enzklösterle. Unterwegs gibt es viele schöne Aussichten. Im oberen Teil wandert man durch eine Felsenlandschaft, dann wieder führt der Weg durch Buchenhaine. Ausgangspunkt ist die Tourist-Information im Ort. Der Rundweg kann problemlos in zwei Etappen aufgeteilt werden und ist gut ausgeschildert. Höhepunkte unterwegs sind die Heidelbeerplattform, wo man ein Vesper einplanen sollte, die Getränkestationen und das Rotwildgehege. Teilweise geht es mitten durch die Heidelbeerfelder.
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