Genussbotschafter 2021 aus dem Nordschwarzwald
Rolf Berlin vom KroneLamm
© Roman Knie
Rolf Berlin im Portrait
„Nicht einfacher. Sondern besser.“
Vor mehr als dreißig Jahren übernimmt Rolf Berlin das kleine Wanderheim oberhalb von Zavelstein. Heute führt er als Seniorchef drei Restaurants, ein Wellnesshotel sowie eine Event-Location. In Berlins Lamm wird die Naturparkküche gepflegt. In Berlins Krone kocht Sohn Franz in einer stern-dekorierten Küche. Und im Wanderheim kommen die legendären Maultaschen auf den Tisch. Zavelstein ist längst ein kulinarischer Hotspot von Baden-Württemberg – dank Familie Berlin.
Genussfaktor Zeit in der Hauptrolle
Für Rolf Berlin ist Zeit vielleicht der wichtigste Faktor von allen. „Wir sollten uns alle wieder mehr Zeit nehmen zum Essen,“ fordert der frisch gebackene Genussbotschafter von Baden-Württemberg und blickt dabei weit über den Tellerrand hinaus. „Was sie beim gemeinsamen Essen alles erfahren! Beim Genießen lernt man sich am besten kennen. Der Wirt des Zavelsteiner Wanderheims muss es wissen. Dort, oberhalb der Krokuswiesen befindet man sich am Ursprung der kulinarischen Erfolgsgeschichte der Familie Berlin. Am höchsten Punkt Zavelsteins hat man den besten Ausblick. Und trotzdem schauen die Gäste vor allem auf die zünftige Speisekarte. Schon bei der Auswahl geht es los: Die Gäste sprechen übers Essen. Über den Genuss. Sie beginnen, sich Zeit zu nehmen – ganz im Sinne von Rolf Berlin.
Das Wanderheim als Ursprung
Gudrun und Rolf Berlin pachten das Wanderheim im Jahr 1989. Schon nach wenigen Monaten platzt es aus Nähten. Die Gäste strömen aus allen Himmelsrichtungen. Es spricht sich rum: Im Wanderheim gibt’s die legendären Maultaschen. Und erst die Forellen! Rolf Berlin erinnert sich: „Die Küche war ja nur drei auf sechs Meter. Da mussten wir uns etwas einfallen lassen. Zum Beispiel bei den Forellen. Unten im Keller hatte ich ein Becken eingebaut. In der Küche habe ich sie filetiert. So frisch auf den Teller, das hat die Gäste begeistert.“ Das Schwarzwälder Bratforellenfilet und die hausgemachten Maultaschen stehen noch heute auf der Speisekarte. Inzwischen achtet Küchenchef Robby Mittag darauf, dass die traditionellen Qualitäten des Wanderheims erhalten bleiben.
Die typischen Qualitäten des nördlichen Schwarzwalds
Die regionale Küche liegt Rolf Berlin besonders am Herzen. Bleiben wir beim Fisch. „Zander, Wels, Saibling, Lachsforelle,“ zählt Berlin auf. „Da hat sich schon einiges entwickelt, aber wir können noch mehr machen.“ Typisch Berlin. Ein Genussmensch durch und durch, aber er will immer noch einen Schritt weiter gehen. Wenn es nach ihm ginge, würde Seefisch von Schwarzwälder Speisekarten gestrichen werden. „Haben wir einen Gast, der zu uns kommt, weil es Seefisch gibt?“ Die Antwort ist klar. Die Leute kommen, weil der nördliche Schwarzwald ein Naturerlebnis ist. Mit so vielen regionaltypischen Spezialitäten. „Aber es erfordert Mut“, weiß Berlin und spricht damit Mainstream der Gastronomie an. Berlin fordert, die ganz eigenen Qualitäten der regionalen Küche noch offensiver auf die Speisekarten zu nehmen.
Zum Beispiel das Wild. Etwas ganz Besonderes
„Ein Tier, das nur das frisst, was es gerne mag“, schwärmt Berlin von der einmaligen Qualität von Reh, Wildschwein und Hirsch aus den tiefen Wäldern des Nordschwarzwalds. Oder die vielen vegetarischen Spezialitäten. Der frisch gebackene Genussbotschafter hat ausgiebig in alten Kochbüchern der Region gestöbert. Dabei hat er viele fleischlose Rezepte gefunden, zum Beispiel mit Pastinaken, Topinambur, Teltower Rübchen und Linsen. Aber im selben Atemzug betont Berlin: „Es geht nicht darum, so zu kochen, wie man es damals gekocht hat. Es geht vielmehr darum, die Schätze der Region neu zu interpretieren.“
Mit dem Kochlöffel durch die Küche
In den Küchen von Krone, Lamm und Wanderheim ist Rolf Berlin nur noch selten zu finden. Der Seniorchef hält sich zurück. Die nächste Generation hat längst übernommen. Franz Berlin ist seit mehr als einem Jahrzehnt der kreative Kopf des Gourmetrestaurants. Der Michelin-Stern und die Hauben des Gault Millau gehen auf sein Konto. Roland Berlin sorgt als Restaurantleiter dafür, dass alle drei gastronomischen Betriebe reibungslos funktionieren. Elisabeth Röber-Berlin leitet den Hotelbetrieb. Nur eines lässt sich der Patron nicht nehmen. Gelegentlich streift er mit dem Löffel durch die Küchen. „In fast allen Betrieben der Welt gibt es eine Tendenz, dass die Abläufe mit der Zeit einfacher werden. Darum fordern wir das Gegenteil: Wir wollen nicht einfacher werden. Sondern besser.“ Um das zu überprüfen, lässt es sich der Seniorchef nicht nehmen, seinen Küchen kurze Stippvisiten abzustatten. Den Löffel hat er stets am Mann. Bevorzugt testet er Suppen und Saucen „Gerade bei Schmorgerichten“, sagt Rolf Berlin, „da schmeckt man schnell, wer in der Küche was kann.“ Berlin fordert, dass alle neugierig bleiben, und jeder jede sich bietende Gelegenheit nutzt, das Gute durch das Bessere zu ersetzen.
Engagement für Gastronomie und Region
Weil die Dinge im großen Familienbetrieb KroneLamm in besten Händen sind, kümmert sich Rolf Berlin mit großem Einsatz um die größeren Zusammenhänge, unter anderem als Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes und als Vorsitzender der Naturpark-Wirte Schwarzwald Mitte/Nord. Berlin kämpft für mehr Tierwohl, mehr Regionalität und eine bessere Darstellung der ureigenen Qualitäten.
„Nordschwarzwald ist ein Qualitätsbegriff geworden“, stellt Berlin fest, „das hat vor allem mit der Qualität der Häuser und ihrer Küchenleistung zu tun.“
Wie Rolf Berlin alte Traditionen zu neuen Erfolgen führt, hat er jüngst mit seinem persönlichen Herzblut-Projekt bewiesen. Es geht um den Theurerhof im benachbarten Dorf Speßhardt. Das historische Bauernhofensemble hat er wiederbelebt und in eine einmalige Event-Location verwandelt. Dabei hat er, wie in der Küche, fast ausschließlich Schwarzwälder Materialien und Zutaten verwendet. Wie er das gemacht hat? Mit viel Energie und ganz viel Zeit.
„Zeit“, sagt Rolf Berlin, „ist eben der wichtigste Faktor, wenn es nicht nur gut, sondern exzellent werden soll.“
Mit Herz und Leidenschaft
Genussbotschafter aus Baden-Württemberg
Ravensburg feierte 2022 das 10-jährige Jubiläum des Genussgipfels. Jochen Baier sowie Simone und Thomas Merkle wurden als Genussbotschafter ausgezeichnet. Im Fokus stand die Gestaltung einer zukunftsfähigen Lebensmittelkultur angesichts aktueller politischer Entwicklungen und deren Auswirkungen.
Im November 2021 fand der 9. Genussgipfel in Offenburg statt. Unter dem Motto „Genuss zwischen digital und analog - Neustart aus der Krise!?“ wurden Rolf Berlin, die Vereinigung "Schmeck den Süden" und Natalie Lumpp als Genussbotschafter ausgezeichnet.
Beim 8. Genussgipfel 2020 unter dem Titel „Im Kühlschrank und Einkaufskorb – Die Gesellschaft is(s)t gespalten!? wurde Markus Kaiser vom Goldbachhof in Bernau und Familie Rombach vom Hotel & Restaurant Sonne in Kirchzarten als Genussbotschafter ausgezeichnet.
Der 7. Genussgipfel fand 2019 in Münsingen statt. Unter dem Motto „Essen als Religion – Moral als Würze“ wurden Heiner Beck und die Meistervereinigung Gastronom Baden-Württemberg als Genussbotschafter ausgezeichnet.
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