Auf den Spuren alter Adelsgeschlechter

Feudale Entdeckungen in Baden-Württemberg

Heidelberger Schloss, Nördliches Baden-Württemberg

Ausblick auf das Heidelberger Schloss | © Gregor Lengler

STUTTGART – Aus Hunderten mach vier: Nachdem Napoleon der Vielstaaterei im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation Anfang des 19. Jahrhunderts ein Ende bereitet hatte, existierten im heutigen Baden-Württemberg nur noch das Großherzogtum Baden, das Königreich Württemberg und die beiden Fürstentümer der Hohenzollern. Zuvor war der deutsche Süden der Inbegriff eines Flickenteppichs: Fürsten, Grafen und Herzöge aus zahlreichen Adelshäusern herrschten über ihre Territorien, manche über das ganze Reich. Nicht alle Geschlechter haben die Zeit überdauert, dafür aber große Spuren im Süden und in den Geschichtsbüchern hinterlassen. Andere Familien besitzen noch heute Rang und Namen und öffnen die Tore ihrer Burgen und Schlösser für Reisen in die Vergangenheit.

Staufer: Herrscher des Heiligen Römischen Reiches

2022 jährt sich die Geburt Friedrichs I., besser bekannt als „Barbarossa“, zum 900. Mal. Der rotbärtige Kaiser des Heiligen Römischen Reiches war neben seinem Enkel Friedrich II. die schillerndste Figur aus dem einflussreichen mittelalterlichen Adelsgeschlecht der Staufer. Nördlich der Alpen gründete Barbarossa zahlreiche Städte und stärkte die Geldwirtschaft. Unter seiner Regentschaft bildete sich der mittelalterliche Feudalstaat heraus. Friedrich II. prägte von Italien aus den Beamtenstaat und förderte als wohl gebildetster Herrscher seiner Zeit die Wissenschaft. Mit den drei Stauferlöwen ist das Herrscherhaus noch heute im Wappen von Baden-Württemberg präsent. Im Dreierbündnis kommen auch die Kaiserberge Rechberg, Stuifen und Hohenstaufen bei Göppingen daher. Letzterer gab den Staufern ihren Namen. Von der Stammburg ist nur noch eine Ruine zu sehen, dafür lädt eine Staufer-Ausstellung dazu ein, Aufstieg und jähes Ende der schwäbischen Dynastie nachzuvollziehen. Für Wanderbegeisterte verbindet der Löwenpfad „Staufer-Runde“ die beiden Stätten. Er beginnt am „Wäscherschloss“, der Wiege der Staufer.

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Wittelsbacher: Kulturaffine Kurfürsten

Gleich drei der bedeutendsten Schlossanlagen Baden-Württembergs sind eng verbunden mit der fast 600jährigen Geschichte der Wittelsbacher am Rhein. Schloss Heidelberg war jahrhundertelang Residenz der ab 1214 herrschenden Pfalzgrafen. Nicht zuletzt die wirtschaftlich vorteilhafte Lage am Rhein und eine geschickte Heiratspolitik ließen das ursprünglich bayerische Adelshaus zur Elite des Heiligen Römischen Reiches aufsteigen. Die Kurfürsten bauten das Heidelberger Schloss von einer Burg zu einer repräsentativen Schlossanlage aus. Doch von den Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg und im Pfälzischen Erbfolgekrieg sollte sich die heutige Ruine nicht mehr erholen. 1720 wechselte die Residenz daher nach Mannheim, wo das Adelsgeschlecht eine letzte Blütezeit erlebte. Kurfürst Carl Philipp veranlasste den Bau des Mannheimer Schlosses. Sein Nachfolger Carl Theodor ließ Schloss Schwetzingen als Sommerresidenz erbauen, deren Gartenanlage bis heute einzigartig ist. Durch die Wiedervereinigung mit der bayerischen Linie 1777 wechselte die Residenz schließlich nach München. Das reiche Erbe in der Kurpfalz hat allerdings bis heute Bestand und lässt sich auf vielfältige Weise erleben.

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Hohenzollern: Dynamische Dynastie

Filmreif erhebt sich Burg Hohenzollern vom Gipfel des gleichnamigen Berges im Zollernalbkreis. Schon von Weitem ist der prächtige Bau zu sehen und ist längst zu einem Wahrzeichen der Schwäbischen Alb geworden. Noch vor 200 Jahren stand an derselben Stelle nichts als eine Ruine. Der damalige Kronprinz Friedrich Wilhelm aus der königlich-preußischen Linie des fast 1.000 Jahre alten Adelsgeschlechts ließ den alten Stammsitz der Familie neu entstehen und erschuf die heutige Anlage im neugotischen Stil. Neben der beeindruckenden Stammburg zählt auch das märchenhafte Schloss Sigmaringen zum Familienbesitz der Hohenzollern. Das zweitgrößte Stadtschloss Deutschlands dient dem fürstlich-schwäbischen Familienzweig als Wohnsitz. Gäste erwartet in beiden Monumenten herrschaftliche Unterhaltung. Ob bei einer Führung durch eine der größten privaten Waffensammlungen Europas im Schloss Sigmaringen oder beim „Königlichen Weihnachtszauber“ auf Burg Hohenzollern.

burg-hohenzollern.com | hohenzollern-schloss.de

Hohenlohe-Langenburg: Noble Netzwerker

Über dem Jagsttal im Landkreis Schwäbisch Hall thront Schloss Langenburg, das seit nahezu 800 Jahren im Besitz und noch heute Wohnstätte der fürstlichen Familie ist. Hausherr Philipp Fürst zu Hohenlohe-Langenburg ist der Enkel der ältesten Schwester von Prinz Philip, des verstorbenen Gemahls der Queen. Damit zählt er zu den engsten Verwandten des britischen Königshauses in Deutschland und war unter den wenigen zur Beisetzung geladenen Trauergästen. Einen freudigeren Anlass bot die Hochzeit von William und Kate im Jahr 2011, welcher der Fürst ebenfalls beiwohnen durfte. Standesdünkel kennt man auf Schloss Langenburg trotzdem nicht, sondern öffnet bereitwillig Tür und Tor für Gäste: Im barocken Rosengarten werden schon seit 1950 Kaffee und Kuchen serviert, im Schlossmuseum verraten Kammerzofen und Barone bei Kostümführungen pikante Details aus dem Adelsleben vergangener Tage. Und im ehemals fürstlichen Marstall befindet sich seit 1970 eines der ersten Automuseen Deutschlands. 2022 startet hier mit „Castle & Cars“ eine neue Eventreihe – vielleicht ja mit Besuch der britischen Verwandtschaft.

schloss-langenburg.de

Haus Baden: Wertschätzer des Weinbaus

„Markgraf von Baden“ – diesen Titel trägt nicht nur der Chef des Hauses Baden, er steht auch für hervorragende Weinerzeugnisse. Das Hochadelsgeschlecht ist seit Jahrhunderten eng mit dem Weinbau verbunden. 1495 erließ Markgraf Christoph von Baden eines der ältesten Weingesetze der Welt. Knapp drei Jahrhunderte später setzte Markgraf Carl Friedrich neue Anbaumethoden durch und investierte in die Ausbildung von Winzern. Wer die Erzeugnisse heute probiert, wirft auch einen Blick auf die Ahnentafel des Hauses: Die Weine sind herausragenden Persönlichkeiten der Familie gewidmet. Darunter Karl Wilhelm, Gründer der Stadt Karlsruhe und Erbauer des Residenzschlosses. Rebflächen besitzt das Haus Baden rund um Schloss Staufenberg in Durbach und bei Schloss Salem am Bodensee, das Markgraf Max von Baden und seiner Familie als Wohnsitz dient. Ein Weinspaziergang kann hier also durchaus feudale Begegnungen mit sich bringen.

www.karlsruhe-erleben.de | schloss-staufenberg.de | salem.de

Haus Württemberg: Royale Romantiker

Als einer der romantischsten Orte im Süden gilt die Grabkapelle auf dem Württemberg. „Die Liebe höret nimmer auf“ steht in goldenen Lettern über dem Eingangsportal. Mit diesen Worten an seine Frau Katharina vollendete der württembergische König Wilhelm I. 1824 den Bau des Mausoleums. Die Königin war mit nur 30 Jahren den Folgen einer Grippe erlegen. Für die Grabkapelle ließ Wilhelm die Stammburg aus dem 11. Jahrhundert abtragen. Die war damals längst Ruine, erhalten haben sich aber die vielen anderen Residenzen der Herrscher-Familie. Darunter das von der Renaissance geprägte Alte Schloss in Stuttgart. Ab dem 18. Jahrhundert stellte sich ein jahrzehntelanges Wechselspiel mit der neu erbauten Residenzstadt Ludwigsburg und seinem Barockschloss ein. Mit dem Neuen Schloss setzte sich Stuttgart endgültig als Amtssitz der später von Napoleon zu Königen erhobenen Württemberger durch. Der ikonischste Ort der Geschichte des Adelshauses liegt aber dort, wo sie ihren Anfang nahm. In der Grabkapelle fanden Wilhelm I. und seine Tochter Marie die letzte Ruhe. Alleine ist die Königsfamilie auf dem Württemberg allerdings selten: Umgeben von Weinreben genießen nicht nur Verliebte gerne den Blick ins Tal.

grabkapelle-rotenberg.de | landesmuseum-stuttgart.de | schloss-ludwigsburg.de

Pressekontakt

Sannah Mattes

Stellvertretende Pressesprecherin / Public Relations

Telefonnumer +49 711 23858-16 E-Mail Adresse s.mattes@tourismus-bw.de

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