07.06.2022
Musikalische Meilensteine
Auf Zeitreise durch Baden-Württembergs Musiklandschaften
STUTTGART – „Hier spielt die Musik!“ In Deutschlands Süden wird fleißig musiziert und das schon seit Tausenden von Jahren. Die Regionen von Kurpfalz bis Bodensee sind Heimat für zahlreiche berühmte Musiker und Künstlerinnen aus Klassik, Pop und Hip Hop, für Klangtüftlerinnen und Musikinstrumentenbauer. Meilensteine der Musikgeschichte gibt es in Baden-Württemberg viele, und sie führen durch sämtliche Epochen, wie die folgende Übersicht beweist.
Der Klang der Eiszeit
An keinem anderen Ort der Welt wurden bislang ältere Kunstobjekte gefunden als in den Höhlen der Schwäbischen Alb. Neben kleinen Skulpturen aus Mammutelfenbein kamen bei Grabungen auch acht Flöten zum Vorschein, die dort vor über 35.000 Jahren entstanden. Die filigranen Blasinstrumente bestehen aus Mammutelfenbein, Gänsegeier- und Schwanenknochen. Über die Spieltechnik lässt sich zum Teil nur spekulieren. Auch darüber, was und zu welchen Gelegenheiten gespielt wurde, herrscht keine Klarheit. Da die Flöten allerdings in den Höhlen gefunden wurden, wird vermutet, dass diese als natürlicher Resonanzkörper genutzt wurden, um ihren eher leisen Tönen einen volleren Klang zu geben. Besichtigen kann man die Flöten im Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren und im Landesmuseum Württemberg Stuttgart.
Alte Leier der Merowinger
Sechs Saitenwirbel, acht Schalllöcher, ein Steg aus Weiden- und ein Korpus aus Ahornholz, verziert mit kunstvollen Ornamenten und Abbildungen von Kriegern: Der älteste Nachweis über die weitreichende Historie der „Musikstadt“ Trossingen stammt aus dem 6. Jahrhundert und ist erstaunlich gut erhalten. Gefunden wurde die „Trossinger Leier“ in der reich bestückten Grabstätte eines merowingischen Adeligen, die 2001 bei Bauarbeiten zum Vorschein kam. Das Originalstück ist im Archäologischen Landesmuseum in Konstanz zu bestaunen. Es gibt inzwischen aber zahlreiche Nachbauten. Auch im Museum Auberlehaus in Trossingen unweit der Fundstätte. Ein Besuch hier lohnt für Musikbegeisterte gleich doppelt, wenn er mit dem Deutschen Harmonikamuseum des weltberühmten Musikinstrumentenherstellers Hohner verbunden wird.
alm-bw.de | museum-auberlehaus.de | harmonika-museum.de
Mittelalterliche Lovesongs
Der berühmte „Codex Manesse“, auch „Große Heidelberger Liederhandschrift“ genannt, vereint auf 426 beidseitig beschriebenen Pergamentblättern die Hits des hochmittelalterlichen Minnesangs. Entstanden ist die aufwändig gearbeitete Bilderhandschrift mit ihren großen, farbprächtigen Miniaturen um 1300 in Zürich. Heute befindet sie sich in der Universitätsbibliothek Heidelberg. Viele der hier versammelten Minnesänger stammen aus dem schwäbisch-alemannischen Sprachraum: Gottfried von Neifen vom Hohenneuffen, Burkhart von Hohenfels aus dem Bodenseeraum oder Bruno von Hornberg aus dem Schwarzwald. Sie und viele weitere Sängerkollegen sind mit ihren Liedern zwischen den ledergebundenen Buchdeckeln verewigt. Von Zeit zu Zeit werden einzelne Seiten ausgestellt. Wer sich nicht so lang gedulden möchte, kann online durch die Handschrift blättern.
Popakademie des Barock
Die Rhein-Neckar-Metropole Mannheim ist nicht nur Heimat der Musiktalentschmiede Popakademie. Ihre Musikgeschichte lässt sich noch viel weiter zurückschreiben: Nämlich bis ins 18. Jahrhundert, der Zeit des Barock und der „Mannheimer Schule“. Sie nahm ihren Anfang 1743 mit der Ernennung des Geigenvirtuosen Johann Stamitz zum Konzertmeister durch Kurfürst Carl Theodor. Bald entstand eine der einflussreichsten Orchester- und Kompositionsschulen Europas, die bis heute nachwirkt. Sie bildete erfolgreiche Komponisten wie Christian Cannabich und Franz Xaver Richter aus, aber auch viele namhafte Instrumentalvirtuosen. Zu den wohl berühmtesten Gästen und Bewunderern gehörte der junge Wolfgang Amadeus Mozart. Erleben kann man die „UNESCO City of Music“ zum Beispiel bei der „Mannheim Music Week“.
Eine Heimat für die Königin der Instrumente
In Waldkirch wimmelt es von Pfeifen. Denn die Schwarzwaldstadt gilt als „Zentrum des Orgelbaus“. Seit dem 19. Jahrhundert finden Kirchen- und Karussellorgeln, Orchestrien, Drehorgeln und Leierkästen von hier ihren Weg in die weite Welt. Heute haben noch fünf Orgelbauer ihre Werkstätten in der „Orgelstadt“ oder leben hier. Alle drei Jahre feiern die Waldkircher die „Königin der Instrumente“ mit einem Internationalen Klang- und Orgelfestival. Für drei Tage bringen Orgelspielerinnen und Schausteller aus Nah und Fern dann noch mehr Musik in die Stadt. Vom 24. bis 26. Juni 2022 ist es wieder soweit. Unter der Zeit kann man sich im städtischen Elztalmuseum oder im Orgelbauersaal der Waldkircher Orgelstiftung über die Geschichte informieren.
Mekka für Rapper am Neckar
Baden-Württembergs Landeshauptstadt Stuttgart ist für vieles bekannt: Vom Fernsehturm bis zum Mercedes-Benz-Museum. Die Stadt im Kessel gilt aber auch als Geburtsstätte des deutschen Hip Hop. Als „Mutterstadt“, wie die Massiven Töne sie 1996 im gleichnamigen Song betitelten: „Willkommen in der Mutterstadt, der Motorstadt am Neckar. Mekka für Rapper.“ Mit Max Herre und Afrob sind im Song zwei weitere Urgesteine der Szene zu hören. Zu ihnen zählen natürlich auch die Fantastischen Vier. Die „Altherren des Deutschrap“ feiern 2022 „30 Jahre live“. In den letzten Jahren haben sich aber auch neue Künstler wie Cro, die Orsons, Sickless und Marz einen Namen gemacht. Die derzeit erfolgreichsten deutschen Hip-Hopper Rin, Bausa und Shindy aus Bietigheim haben in der schwäbischen Provinz eine neue Rap-Hochburg errichtet. Das Stadtpalais Stuttgart setzt sich neben der Dauerausstellung auch bei Musikveranstaltungen mit der „Mutterstadt“ und ihrem Umland auseinander.
Pressekontakt
Sannah Mattes
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