Steiles Terrain. Bestes Terroir.

Felsengärten in der Region Stuttgart

Kletterrevier am Neckar, im Hintergrund ist Besigheim zu sehen
Ein Naturparadies für Kletterfans

BW Story - Bernd Sautter

Ein Naturparadies für Kletterfans

„Jetzt keine flachen Witze, bitte“, versucht Johannes die Stimmung aufzulockern. Er führt unsere kleine Wandergruppe an. Kurz vor der Felskante sind alle außer Atem. Deutlich hörbar. Wie an der Schnur gezogen schleppen wir uns die Stufen hinauf, brav hinter Johannes her. Marta wundert sich: „Komisch, von weitem hatten die Treppen gar nicht so steil ausgesehen.“ „Stäffele“, sagt Johannes, „Stäffele, mit der Betonung auf ‚le‘. Also Niedlichkeitsform, gell“ „Dann möchte ich bitte nicht wissen, was ihr hier in Schwaben als waschechte Staffel bezeichnet“, protestiert Marta. Danach kehrt Stille ein in unsere Wandergruppe. Jeder ist mit sich selbst beschäftigt und mit den traumhaften Stäffele, die steil durch die Hessigheimer Felsengärten führen.

Auf einem großen Felsen überhalb des Neckars steht eine Person und genießt die Aussicht über den Fluss, die Wiesen und Weinberge.

Blick auf den Neckar

| © Gregor Lengler

Man benötigt nur ein paar Minuten für den schmalen Pfad durch den Weinberg (schwäbisch: „Wengert“). Aber die haben es in sich. Der Rest der Route bleibt gemütlich. Die Felsengärten sind ein großartiges Terrain, obwohl es sich „nur“ um eine Neckarschlaufe handelt. Prallhang nennen es die Geologen. Damit ist die Talseite gemeint, auf die das fließende Material einst prallte, als es vor zigtausend Jahren die Neckarschlaufe formte. Hinterher behaupten wir natürlich alle, dass wir schnell oben auf dem Prallhang waren. „Kein Problem, wir sind schließlich fit“, bestätigt Anton. Außerdem wissen wir aus Erfahrung: Bei steilen Pfaden ist immer der Moment am schönsten, an dem man oben ankommt. Dafür lohnt sich die Mühe allemal. Was für eine Aussicht! Welch großartige Flusslandschaft! Übrigens: Oben angekommen sind die Waden tatsächlich etwas praller als zuvor.

Eine Kletterin seilt sich an einem großen Felsen ab.

Die Felsengärten sind ein Naturparadies

| © TMBW, Foto: Gregor Lengler

Nach der Anstrengung beruhigen sich Weg und Wegweiser Johannes wieder. Der Pfad führt an der Felskante entlang. Wir genießen die Aussicht und freuen uns auf das, was uns erwartet: mindestens ein frischer Zwiebelkuchen und ein feines Gläschen neuen Weines. „Viertele“, ergänzt Johannes trocken. Ein paar Minuten später erreichen wir die Schlucht. Im Gegensatz zu den Felsen, die sich gen Neckar richten, ist hier das Klettern erlaubt, ja ausdrücklich erwünscht. Stolze 130 Kletterrouten sind ausgewiesen. Schwierigkeitsgrad 3 bis 9 wissen diejenigen, die sich mit diesem Sport auskennen. Wer in diesem Fünf-Sterne-Terrain hochklettert, in dem wohnt eine andere Art von Fitness. Ein Bergsteiger klettert ohne T-Shirt. Pralle Muskeln, definitiv bestens definiert. Respekt! Achtzehn Meter geht es nach oben. Manche Kletterer vergeuden dabei keine einzige Schweißperle. Aber wahrscheinlich sieht das nur so aus. Von weitem trügt der Schein.

Hat jemand „Zwiebelkuchen“ gesagt? Ich hab’s genau gehört. Der Weg zur herzhaften Mahlzeit führt uns weiter durch die üppige Kulturlandschaft. Johannes schlägt vor, die Trockenmauern zu bestaunen, die die Wengerter (hochdeutsch: Winzer) aufgeschichtet haben. Eine besondere Handwerkskunst, lobt er. So kann sich Wärme ideal speichern – und der Wein wird besonders schmackhaft. Hat hier jemand „Wein“ gesagt? Ich schlage vor, die Theorie über das Terroir in die Probierstube zu verlagern. Also dorthin, wo der Zwiebelkuchen gereicht wird. „In den Mauern finden seltene Eidechsen ihr Zuhause. Unzählige rare Pflanzenarten wachsen dort“, berichtet Erklärbär Johannes. „Ich kann Euch einige zeigen. Hier zum Beispiel. Das ist eine Karthäuser-Nelke“. Johannes zeigt auf etwas Grünes am Boden. Darauf erkundigt sich Marta: „Wächst dort etwa Zwiebelkuchen?“

Ausblick über die Reblandschaften in Hessigheim.

Die Weinhänge wachsen bis zu den Muschelkalkfelsen hinauf

| © TMBW, Foto: Gregor Lengler

Inzwischen ist die Zeit reif, die Wanderung mit einer zünftigen Mahlzeit zu krönen. Dafür bietet sich Hessigheim an. Aber auch im nahegelegenen Fachwerk-Städtchen Besigheim empfehlen sich urige Weinstuben. Wir entscheiden uns für die nächstgelegene Wirtshaustüre. Dort verkosten wir das Resultat dessen, was wir eben besichtigt hatten. Da leuchtet die Sache mit dem feinen Terroir und der steilen Lage gleich noch besser ein. Tatsächlich sind die Hessigheimer Felsengärten eine der Lagen mit der längsten Tradition in ganz Württemberg. Im vorzüglichen Tropfen steckt die Erfahrung eines ganzen Jahrhunderts. Marta erkundigt sich, ob wir nicht gleich ein zweites Gläschen kosten sollten. „Schlotzen“, fügt Johannes hinzu. Marta freut sich: „A Viertele, gell“ Auch in den Felsengärten bestätigt sich, dass Reisen den Horizont weitet. „Zum Wohl. Auf die Hessigheimer Wengerter – und auf unseren Reiseführer Johannes.“

Im Keller der Weinkellerei stehen viele riesige Holzfässer die mit Wein gefüllt sind.

Felsengartenkellerei in Hessigheim

| © TMBW, Foto: Gregor Lengler
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