Nationalpark Schwarzwald

Der Urwald vor unserer Tür

Auf die wilde Tour

BW Story - Bernd Sautter

Auf die wilde Tour

Wie man sich täuschen kann. Tatsächlich habe ich mir die reine Wildnis anders vorgestellt. Als Kind dachte ich: So ein Urwald muss weit weg sein, um als echtes Abenteuer zu gelten. Möglicherweise lag ich gar nicht daneben. Als ich jung war, gab es diesen Nationalpark noch nicht. Der Park ist seit 2014 ausgewiesen. Er misst gut 10.000 Hektar, also stattliche 100 Quadratkilometer. Auf dieser riesigen Fläche darf alles vorkommen, was die Natur sich einfallen lässt. Nur eines nicht: Wir Menschen. Unsere Eingriffe sind unerwünscht. Hoch erwünscht dagegen sind unsere Besuche. Rangerinnen und Ranger freuen sich, mit uns gemeinsam den Urwald zu entdecken.

Holzschild mit der Aufschrift Nationalpark Schwarzwald
Im Nationalpark Schwarzwald darf die Natur Natur sein, menschliche Eingriffe sind nicht erwünscht.
Nahaufnahme einiger Äste an denen viel Moos hängt.

Wir staunen. Wir lernen. Wir kraxeln. Wir fühlen. Wir riechen. Wir schmecken den Wald. Schon in den ersten fünf Jahren hat sich die Natur spürbar verändert. Wir Menschen sind willkommene Gäste und kommen aus dem Staunen kaum raus. Ein Baum hat sich genau in den Weg gelegt. Bevor wir darüber klettern, schauen wir ganz genau hin. Eine Waldwelt „en miniature“ erobert den Stamm: Flechten machen sich breit. Zunderpilze ploppen auf. Winzige Mini-Tannenbäume tasten sich zaghaft in die Höhe. Von wegen Totholz! Alles lebt im Naturpark. Auch wir leben auf. Und sogar die Mini-Tannenbäume leben weiter. Wenn das alte Holz sich weiter senkt, wurzeln die frischen Waldgewächse im Boden weiter.

Auf einem Waldboden liegt ein umgestürzter Baum.

Bei der Rangertour gibt es viele kleine Naturwunder zu entdecken. 

| © TMBW, Foto: Gregor Lengler

Prickelnd frisch ist es am Morgen, als wir uns mit Ranger Florian Hoffmann auf den Weg durchs Unterholz begeben. Wir spazieren durch die Wildnis, die täglich wilder wird. Aber bedrohlich ist gar nichts. Der Wald ist nur auf den ersten Blick ungewöhnlich. Schon nach einigen Minuten stellt sich große Zufriedenheit ein. Alles so wie es sein soll. Ranger Florian zeigt uns tausende Details, die in keinem Wander- oder Naturführer stehen. Wie denn auch? Der Park entsteht erst.

Neben den Naturbeobachtungen, entdecke ich etwas an mir selbst: Der Wald legt mein vergessen geglaubtes Wissen frei. Früher in der Schule hatte ich’s noch drauf. Zum Beispiel der Unterschied von Tanne und Fichte? Äh… wie war das gleich nochmal? „Die Tannenzapfen stehen, die Fichtenzapfen hängen,“ erläutert der erfahrene Ranger. (Genau! Grundlagenwissen, ich erinnere mich). „Fichte sticht, Tanne nicht,“ fügt Florian hinzu und drückt uns einen Zweig zum Kneten in die Hand. (Jetzt wo er es sagt, fällt’s mir wieder ein). Während ich mein wissendes Lächeln aufsetze, bin ich dem Ranger tief dankbar, dass er auch die selbstverständlichen Kleinigkeiten erwähnt. Wenn man die Fichtennadeln zwischen den Fingern zerreibt, duften sie zart nach Zitrone, die Tannennadeln mehr nach Orange. (Kann ich jetzt endlich zugeben, dass ich keinen blassen Schimmer davon hatte.)

Ein Ranger erklärt einer Besucherin etwas und nimmt dabei ihre Hand. Im Hintergrund ist ein See und viele große Tannenbäume.

Der Ranger erklärt den Besuchern die Natur des Nationalparks. 

| © TMBW, Foto: Gregor Lengler
Der Ranger erklärt den Besuchern die Natur des Nationalparks.

Der Ranger erklärt den Besuchern die Natur des Nationalparks.

| © TMBW, Foto: Gregor Lengler
Ein Ranger und eine Besucherin schauen interessiert den Stamm eines Baumes an.

Der Ranger erklärt den Besuchern die Natur des Nationalparks.

Apropos Schimmer. Langsam dringt die Sonne durchs grüne Dach. Manche Strahlen schaffen es sogar bis an den Boden der Wildnis. Der Ranger hat eine Rinde in der Hand. Die Rückseite sieht aus wie ein Kunstwerk. „Achtzähniger Buchdruckerkäfer“, erklärt Florian. Ich sage nichts, meine Besserwisserei glaubt mir sowieso kein Käfer. Dafür konzentriere ich mich darauf, was der Ranger erzählt. Zum Beispiel dieses: Bei besagtem Käfer handelt sich um eine Borkenkäferart, die sich von der Innenseite der Rinde ernährt. Florian redet wie ein Buch. Offenbar sind in der Wildnis tausendundeine Geschichte versteckt. Wie wird das erst in vielen Jahren, wenn die Wildnis noch wilder wird? Schon heute leben Baummarder und Dreizehenspecht, Sperlingskauz und Raufußkauz, Tannenhäher und Fichtenkreuzschnabel wie im Paradies. Es bleibt spannend im Naturpark. Täglich.

Bald wird die grüne Welt der Wunder um eine Facette reicher. Ende 2020 eröffnet am Ruhestein ein postmodernes Besucherzentrum. Vom Foyer des Baus kann man über einen Skywalk durch die Kronen der Bäume lustwandeln. Im Zentrum selbst wird eine multimediale Dauerausstellung installiert, die den Gästen das Werden des wilden Waldes nahebringt. Spätestens dann, so verabreden wir uns mit Florian, kommen wir wieder zurück. Und ich schwöre… bis dahin weiß ich noch ganz genau, wie das ist mit der Tanne und der Fichte, und natürlich auch mit Zitrone und Orange. Schließlich ist diese Wildnis genau nach meinem Geschmack.

Mehr Informationen zum Artenreichtum und wie man sie erlebt unter: www.nationalpark-schwarzwald.de

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